Stiftung

Am 30.01.1938, dem 5. Jahrestag der Vereidigung Hitlers zum Reichskanzler, erfolgte die Stiftung von mehreren Auszeichnungen an Organisationen der (öffentlichen) Sicherheit bzw. den öffentlichen Dienst im Allgemeinen.

  • Polizei-Dienstauszeichnung (3 Stufen für 8, 18 und 25 Dienstjahre)
  • Dienstauszeichnung für den Reichsarbeitsdienst (4 Stufen für 4, 12, 18 und 25 Dienstjahre)
  • SS-Dienstauszeichnung (4 Stufen für 4, 8, 12 und 25 Dienstjahre)
  • Luftschutz-Ehrenzeichen (2 Stufen für besondere Verdienste)
  • Feuerwehr-Ehrenzeichen (2 Stufen für besondere Verdienste bzw. 25 Jahre Dienstzeit)
  • Grubenwehr-Ehrenzeichen (1 Stufe für 15 Jahre Dienstzeit oder besondere Verdienste)
  • Treudienst-Ehrenzeichen (4 Stufen an den öffentlichen Dienst und die freie Wirtschaft je nach Dienstjahren)

Die Wehrmacht verfügte bereits seit dem 16.03.1936 über eine Dienstauszeichnung. Die Dienstauszeichnungen waren überwiegend der Beleg für eine bestimmte und untadelig geleistete Dienstzeit, während die Ehrenzeichen eher besondere Verdienste abdeckten.
Damit hatten die meisten Organisationen im Bereich der öffentlichen Sicherheit eine eigene Auszeichnung, zu denen sich auch der Zollgrenzschutz zählte. Er kam zwar für das Treudienst-Ehrenzeichen in Frage, von dem auch Gebrauch gemacht wurde, wünschte sich jedoch eine eigene Anerkennung und war durchaus verstimmt. Zunächst prüfte man, ob die Polizei-Dienstauszeichnung ebenfalls an den Zollgrenzschutz verliehen werden könnte, was schließlich verneint wurde.

Als Folge regte der Staatssekretär im Reichsfinanzministerium, Fritz Reinhardt, bei Adolf Hitler die Stiftung einer eigenen Auszeichnung an, der er am 17.02.1939 mit dem Zollgrenzschutz-Ehrenzeichen zustimmte. Begründung war der im Wesentlichen reibungslose und kräftezehrende Einsatz des Zollgrenzschutzes bei der Eingliederung Österreichs und des Sudetenlandes im Jahr 1938. Dennoch orientierte sich die Verleihung, anders als bei anderen Ehrenzeichen, weniger an besonderen Verdiensten, sondern an der im Zollgrenzschutz geleisteten Dienstzeit.

Informationen zu Imitationen befinden sich hier.

 

Form & Herstellung

Vorbild war die Polizei-Dienstauszeichnung, beide Ehrenzeichen ähneln sich bis auf den Akanthuskranz und das Hoheitszeichen stark, auch die Inschrift auf der Rückseite unterscheidet sich nur geringfügig.

Das Zollgrenzschutz-Ehrenzeichen ist ein doppelseitig geprägtes Tatzenkreuz, ähnlich dem Eisernen Kreuz. Auf der Vorderseite umfasst ein oben offener Akanthuskranz das nach links blickende Hoheitszeichen (Adler mit Hakenkreuz), auf der Rückseite umfasst ein oben offener Akanthuskranz die Inschrift Für treue Dienste im Zollgrenzschutz. Die Maße betragen in etwa: 47 mm Höhe mit Öse, Breite 42 mm, 22 g Gewicht. Zum Material ist viel zu lesen von Buntmetall, Bronze, bronziertem Kriegsmetall usw. Laut Herstellungsvorschrift bestand es allerdings aus Tombak, der nach verschiedenen Arbeitsschritten in bronzeton gefärbt wurde und schließlich einen Überzug aus Klarlack erhielt.

Anders als die meisten anderen Dienstzeitabzeichen hatte das Zollgrenzschutz-Ehrenzeichen nur eine Verleihungsstufe.

Getragen wurde das Ehrenzeichen, wie damals generell bei Dienstzeitabzeichen üblich, an einem kornblumenblauen Band auf der linken Brustseite. Die Breite des Bandes betrug laut Herstellungsvorschrift 5cm und die Länge 15cm, hergestellt war es aus Kunstseide. Auf dem Band war das von einem oben offenen Akanthuskranz eingefasste Hoheitszeichen in goldgelber Farbe eingestickt.

Laut Gesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen von 1957 darf das Ehrenzeichen in Deutschland nur ohne nationalsozialistische Embleme getragen werden. Die Umsetzung erfolge durch Entfernen des Hoheitszeichens auf der Vorderseite, während die Rückseite unverändert blieb. Das Ordensband trägt keine Stickerei.

Vorderseite 1939Vorderseite 1957Rückseite 1939 & 1957Ordensband 1939
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Voraussetzungen

Kriterien für die Verleihung waren:
1. Personenkreis

  • Beamte der Zollaufsichtsstellen (G)
  • Bezirkszollkommissare (G) und Gehilfen
  • Unter bestimmten Voraussetzungen: Beamte der Grenzzollstellen, Ansageposten und Zollfahndungsdienst
  • Vorsteher der Hauptzollämter mit Grenze
  • Grenzreferenten bei Oberfinanzpräsidenten mit Grenze
  • Bewährte Bearbeiter von Zollgrenzschutzangelegenheiten
  • Männer mit besonderen Verdiensten um den Zollgrenzschutz

2. Dienstzeit

  • Beamte im höheren Dienst nach vierjähriger Grenzdienstzeit
  • Beamte im gehobenen Dienst nach vierjähriger Grenzdienstzeit
  • Beamte im mittleren Dienst (Versorgungsanwärter *) nach vierjähriger Grenzdienstzeit
  • Beamte im mittleren Dienst (Zivilanwärter *) nach achtjähriger Grenzdienstzeit

* = Versorgungsanwärter waren Soldaten, die nach ihrer aktiven Dienstzeit in die Reichsfinanzverwaltung übernommen wurden, während Zivilanwärter direkt aus dem Zivilleben kamen.

Nach dem Anschluss Österreichs und des Freistaates Danzig wurden die entsprechenden Grenzdienstzeiten angerechnet, das Ehrenzeichen konnte aber erst nach mindestens einjähriger Tätigkeit im Zollgrenzschutz der Reichsfinanzverwaltung verliehen werden.

 

Verleihung

copyright: www.zollgrenzschutz.deAm Tag der Verleihung erhielt der Empfänger ein Besitz-Zeugnis (Urkunde) und ein zollgrünes Etui aus Pappe, in der sich das Ehrenzeichen und das Ordensband befanden. Die Urkunde enthielt den Namen, die Amtsbezeichnung und den Dienstort. Das Ehrenzeichen war ein Inhaberstück, das heißt, es verblieb nach dem Tod des Inhabers bei seinen Erben und brauchte nicht zurückgegeben werden.

Das Ehrenzeichen musste durch eine vorgesetzte Dienststelle, in der Regel das Hauptzollamt, beantragt werden. Hierzu wurde das entsprechende Antragsformular mit dem Besitz-Zeugnis vorausgefüllt zum Oberfinanzpräsidium geschickt, das alle Anträge und Urkunden seines Bereichs gesammelt an das Reichsfinanzministerium gab. Die Formulare enthielten die persönlichen Daten des Empfängers, seine bisherigen Dienststellen und Beförderungen sowie eine Bestätigung, dass er der Auszeichnung würdig ist. Das Ministerium wiederum gab alle Unterlagen einmal monatlich an die Präsidialkanzlei (Büro des Reichspräsidenten) zur Entscheidung. Die Urkunden unterschrieb dann der Chef der Präsidialkanzlei, Otto Meissner. Es war darauf zu achten, die Unterlagen 3 Monate vor Verleihungsdatum auf den Weg zu geben, damit der Empfänger sein Ehrenzeichen rechtzeitig am Jubiläumstag erhielt.

Für Versagung und Entzug des Ehrenzeichens galten die Vorschriften des Treudienst-Ehrenzeichens sinngemäß, worunter nicht nur die Verurteilung zu schweren Strafen fiel, sondern z.B. auch Verurteilung wegen politischer Vergehen und Ausstoß aus der NSDAP.

VerleihungDie erste Verleihung des Zollgrenzschutz-Ehrenzeichens fand am 24.11.1939 statt (Bild links, Quelle: Das kleine Volksblatt Wien vom 26.11.1939) und damit erst knapp 9 Monate nach der Stiftung. An diesem Tag wurde das Ehrenzeichen 4 Angehörigen des Bezirkszollkommissariats Konstanz von Staatssekretär Reinhardt verliehen, sie waren an der Verhaftung des Hitler-Attentäters Georg Elser am 08.11.1939 beteiligt. Das Reichsfinanzministerium hatte früher beantrage Verleihungen hinten angestellt und so ebenfalls die Gelegenheit genutzt, das Abzeichen einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen, sowie der Auszeichnung die richtigen Weihen zu geben. Über die Verleihung wurde in der Tagespresse ausführlich berichtet.

Nichtbeamte konnten das Ehrenzeichen üblicherweise nicht erhalten und in den Vorschriften wird stets ausdrücklich von Beamten gesprochen. Zwar gab es Fälle, in denen Hilfszöllner praktisch vom ersten bis zum letzten Kriegstag beim Zollgrenzschutz waren, dennoch konnten sie die zumindest theoretisch nötige Dienstzeit bis zum Verleihungsende im März 1943 nicht erreichen. Die einzige mir bekannte Ausnahme ist die Verleihung an den bei der Elser-Verhaftung beteiligten Hilfsgrenzangestellten Waldemar Zipperer.

copyright: www.zollgrenzschutz.decopyright: www.zollgrenzschutz.deDie sogenannte große Ordensschnalle mit dem Ehrenzeichen am Ordensband (Bild links) wurde im täglichen Dienst nicht getragen. Man legte sie nur zu ganz bestimmten feierlichen Anlässen im dienstlichen oder privaten Umfeld an, wenn der Gesellschafts- oder Paradeanzug geboten bzw. befohlen war. Zum Dienstanzug war stattdessen die kleine Bandschnalle üblich (Bild rechts), das heißt eine Miniatur.
Im Dezember 1941 verbot Hitler das Tragen der großen Ordensschnalle für die Dauer des Krieges.

Verleihungen des Ehrenzeichens und anderer Dienstzeitabzeichen wurden ab April 1943 eingestellt, was in Zusammenhang mit Verwaltungsvereinfachungen und Sparen von Ressourcen gesehen werden kann. Der Zollgrenzschutz war inzwischen auf ca. 60.000 Mann angewachsen, die mitunter weit entfernt der Heimat in den besetzten Gebieten tätig waren. Der Verwaltungsaufwand und die organisatorischen Schwierigkeiten waren hoch und betrafen zahlreiche Verwaltungsebenen, die Präsidialkanzlei, Ordenshersteller sowie Zulieferer. Im Jahr 1943 begannen überall in den staatlichen Verwaltungen Maßnahmen, um die Verwaltung zu vereinfachen, die Belastung des geschrumpften Verwaltungsapparats zu reduzieren und vor allem um weiteres Personal für die Wehrmacht freizumachen. Darüber hinaus wollte man Ressourcen für kriegswichtige Aufgaben sparen.

 

Verleihungszahlen

Die Präsidialkanzlei führte eine monatliche Statistik, die in den vorhandenen Akten jedoch mit dem März 1942 endet. Die Unterlagen des Reichsfinanzministeriums sind ebenfalls unvollständig, deswegen kann die Zahl der verliehenen Zollgrenzschutz-Ehrenzeichen nur annäherungsweise ermittelt werden:

  • Laut Gesamtstatistik der Präsidialkanzlei wurden bis Ende März 1942 insgesamt 10.348 Zollgrenzschutz-Ehrenzeichen ausgegeben.
    Im April/Mai 1941 war eine Umstellung der Statistik erfolgt, seitdem wich die Monats- von der Gesamtstatistik leicht ab, was insgesamt eine Differenz von ca. 140 Stück ausmacht und den nachträglich entzogenen Ehrenzeichen entsprechen dürfte.
  • Für den Zeitraum April bis Oktober 1942 ließen sich bisher keine Zahlen ermitteln. Basierend auf den Verleihungszeiträumen davor und danach rechne ich mit durchschnittlich ca. 200 Verleihungen im Monat, was etwa 1.400 Ehrenzeichen ergibt.
  • Von November 1942 bis März 1943 finden sich in den Vorschlagslisten des Reichsfinanzministeriums etwas mehr als 900 Verleihungen, die Listen haben jedoch kleine Lücken und enthalten keine Informationen über entzogene Ehrenzeichen. In Summe dürften es etwa 1.000 Stück sein.
  • Zwischen April 1943 und Kriegsende fanden zwar keine Verleihungen mehr statt, jedoch konnten Ehrenzeichen weiterhin entzogen werden. Ob dies eine relevante Größe erreicht hat, lässt sich bisher nicht sagen.

Insgesamt rechne ich mit ungefähr 12-13.000 verliehenen Ehrenzeichen.

 

Sonderfälle
Führungskräfte

Obwohl das Ehrenzeichen eindeutig in Abhängigkeit zu den Grenzdienstzeiten geschaffen wurde und nur in Ausnahmefällen für andere Leistungen verliehen werden sollte, beantrage das Reichsfinanzministerium Anfang Dezember 1939 direkt 90 Ehrenzeichen für besondere Verdienste. Der von Finanzstaatssekretär Fritz Reinhardt unterzeichnete Antrag berücksichtige Führungspersonal der oberen Verwaltungsebenen, darunter 23 Oberfinanzpräsidenten, 24 Finanzpräsidenten, den Generalinspekteur und seinen Stab, sowie andere hohe Beamte. Die Begründung bezog sich auf Verdienste rund um die Wiedervereinigung der Ostmark und des Sudentenlandes, die Schaffung des Protektorats und besondere Verdienste im Polenfeldzug.
Auf der Liste standen auch 2 Zöllner von der Grenze, jedoch nicht für die Dienstzeit, sondern ebenfalls für ihre Leistung. Einer war an dem sogenannten Venlo-Zwischenfall beteiligt, wobei im niederländischen Grenzort Venlo am 09.11.1939 die Verhaftung von 2 Agenten des britischen Militärgeheimdienstes MI6 gelang. Der Andere hatte den später wegen Landesverrats hingerichteten Robert Schimpf an der Grenze verhaftet.

Die Präsidialkanzlei meldete Bedenken an, da die Verleihungen nicht im Einklang mit den Stiftungsvorschriften standen und legte den Fall gemäß der Durchführungsverordnung Adolf Hitler zur Entscheidung vor. Sie ließ zwischen den Zeilen durchblicken, dass man mehr Fingerspitzengefühl erwartet hätte und eine Auszeichnung praktisch der gesamten Führung in der Zollgrenzschutz-Verwaltung nicht für angebracht hielt.
Selbstbeweihräucherung und das Behängen mit Orden waren im Nationalsozialismus nicht unüblich, um sich die Gefolgschaft zu erhalten und die Treue zum NS-Staat zu belohnen und waren stets eine gute Gelegenheit zur weiteren Einschwörung auf Führer, Volk und Vaterland. Aber die Kanzlei erkannte wohl, dass dies trotz aller Verdienste auch eine fatale Botschaft für die an der Grenze stehenden Zöllner gewesen wäre. Diese mussten sich das Ehrenzeichen in der Regel 8 Jahre lang durch den Dienst an der Grenze bei Wind und Wetter, in schwierigem Gelände und teilweise Gefahr für Leib und Leben erarbeiten, während Beamte des höheren Dienstes ihre Verwaltungs-Karriere direkt nach dem Studium am Schreibtisch begannen.

Hitler sah das anscheinend ähnlich und entschied letztendlich, dass nur 3 Ehrenzeichen zu verleihen sind. Ausnahmsweise an den Generalinspekteur für seine Verdienste bei der Schaffung des Zollgrenzschutzes und an die beiden Zollbeamten, von denen einer sie 1943 wieder verlor.

Polenfeldzug

UrkundeNach Beendigung des Polenfeldzuges kam es im Januar 1940 zu besonderen Verleihungen durch das Oberfinanzpräsidium Troppau. Diese standen laut Urkunde im Bezug zum persönlichen Einsatz im Zollgrenzschutz bei den Kampfhandlungen gegen Polen. Damit waren die Ehrenzeichen nicht, wie sonst üblich, abhängig von der Dienstzeit verliehen worden.

Die Urkunde weicht deutlich vom Standard der Reichsfinanzverwaltung ab und wurde bisher in keiner der bekannten Publikation erwähnt. Auch sehen die Vorschriften eine Ausfertigung durch die Präsidialkanzlei in Berlin vor, unterschrieben ist die Urkunde aber vom Oberfinanzpräsidenten Troppau, Herbert Jancke. In den Vorschlagslisten des Reichsfinanzministerium ist zu dem Vorgang nichts zu finden, allerdings fehlt in den Akten für den Januar 1940 genau eine Liste. Laut Statistik der Präsidialkanzlei gab es im Januar 1940 keine Verleihung des Ehrenzeichens, dafür im Februar direkt 267. Fraglich ist aber vor allem, warum hier keine Auszeichnung wie das Kriegsverdienstkreuz oder das Eiserne Kreuz in Betracht kam.

Da die Urkunde aus der Familie des Ausgezeichneten stammt, ist von einem Original auszugehen.

Herzlichen Dank an K. Lücke für das Foto der Urkunde und den interessanten Fall.

 

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